1989

Übersiedler beim THW

November 1989. Die Grenzen zum Westen sind offen, die Mauer fällt. Immer mehr Menschen kommen in die Bundesrepublik. Sie müssen untergebracht und versorgt werden. Eine riesige Aufgabe für alle Hilfsorganisationen. Auch das THW ist eingebunden. Schon am Freitag, den 10. November, wird das THW Castrop–Rauxel alarmiert. Aus einem Zentrallager in Dorsten sind mit LKWs 300 Betten, Matratzen und das dazugehörende Bettzeug zu holen. In der Justizakademie in Recklinghausen warten 60 THW–Helfer, um die Betten aufzubauen und die Zimmer einzuräumen. Das dauert mehr als 8 Stunden. Ein Verpflegungstrupp versorgt die Helfer.

Am 13. November, ein Montag, muss das Castrop–Rauxeler THW wieder aktiv werden. In seiner Unterkunft an der Oskarstraße müssen 100 angelieferte Betten aufgestellt werden. Schirrmeister Heinz Brummer trommelt seine Leute zusammen. Über den Garagen werden Räume leer gemacht und zu Schlafsälen umfunktioniert. Aber das reicht nicht. Im Lehrsaal und einem Büro in der Unterkunft bauen sie die restlichen Betten auf.

Abends um 18 Uhr 30 wird Heinz Brummer unterrichtet, daß 100 Personen noch heute kommen. Um 21 Uhr 30 treffen sie mit Bussen und Trabbis ein. Um die Leute zu versorgen, reicht der eigene Verpflegungsvorrat nicht aus. Bei einem Supermarkt kauft der OV noch Brot, Butter, Wurst und Kaffee ein. Nach dem Abendessen suchen die Gäste bald ihre Betten auf.

In Windeseile stellen der OB Franz–Josef Rzymek und Schirrmeister Brummer einen vorläufigen Einsatzplan für die 20 THW–Helfer, die verfügbar sind, auf.

Am Dienstagvormittag kommen Vertreter des Sozialamtes, um die Ankömmlinge zu registrieren und 200 DM Begrüßungsgeld auszuzahlen. Nachmittags erscheint Bürgermeister Ettrich, er will die Menschen aus der DDR willkommen heißen. Er steht vor leeren Stühlen. Alle Übersiedler sind ausgegangen, um die Geschäfte zu bestaunen und einzukaufen. Er trifft nur hilfswillige Castrop–Rauxeler an. Christian Bothe vom hiesigen THW hat die Leitung im Lager übernommen.

Er ist Tag und Nacht in der Unterkunft zu finden. Die Mitglieder der Frauengruppe, Wiltrud Körper, Rosemarie Rzymek, die Frau des Ortsbeauftragten, und Margarete Heist sind jeden Tag anwesend und kümmern sich um das Wohl der Zugereisten. Auch der Ortsbeauftragte erscheint täglich, um offene Fragen zu klären. Langsam normalisiert sich das Lagerleben. Die weiblichen Übersiedler helfen kräftig bei der Arbeit mit. Für die knapp 30 Kinder wird eine Spielecke eingerichtet.

Freitagnachmittag überschlagen sich die Ereignisse. Am Samstag verlassen die 32 ledigen Bewohner Castrop–Rauxel und ziehen auf ein Hotelschiff in Düsseldorf um. Dort ist mehr Platz. Auch für die restlichen 20 Familien schlägt die Abschiedsstunde. Sie verlassen unsere Stadt, werden in andere Lager verlegt oder fahren zu Verwandten.

Der Ortsbeauftragte Franz–Josef Rzymek atmet auf. Er ist zufrieden, dass alles so gut geklappt hat. Er dankt seinen Helfern und ganz besonders den Frauen. die ja täglich da waren, für ihren selbstlosen Einsatz. Sein besonderer Dank gilt Christian Bothe, der als „Lagerleiter“ zu jeder Tag– und Nachtstunde ansprechbar war.

Quelle: Egon Heist

1990

Großübung „Flugzeug verliert ein Triebwerk“

Am 5. Mai 1990 gegen 15 Uhr passierte es: Ein Flugzeug verlor sein Triebwerk. Dieses fiel durch ein Glasdach in den Schalterraum der Stadtsparkasse. Dort wurde gerade eine Ausstellung eröffnet. Fast 200 Personen waren zugegen. Das war die Ausgangslage für eine Großübung.

Sofort gingen bei Polizei, Feuerwehr und DRK Hilferufe ein. Mit Blaulicht und Martinshorn rasten sie mit ihren Fahrzeugen zum Marktplatz. Erkundungstrupps eilten in die Sparkasse. Dort schrien und jammerten mindestens 120 Verletzte. Auch einige Tote lagen stumm auf dem Boden. (In der THW–Unterkunft waren sie „lebensecht“ geschminkt worden). Das Ausmaß der Verwüstungen überstieg die Möglichkeiten der anwesenden Helfer. Das THW wurde alarmiert und erschien auch bald. Die Unglücksstelle musste gesichert werden, ein Glasdach drohte einzustürzen.

Im Ganzen waren jetzt 160 Helfer von THW, DRK und Feuerwehr im Einsatz. Sie hatten alle Hände voll zu tun. Nachdem die THW–Helfer das Glasdach gesichert hatten, unterstützten sie das DRK bei der Bergung der „Verletzten“. Mit einer leeren Trage eilten sie in die Sparkasse, mit einer vollen kamen sie wieder heraus. Der Marktplatz verwandelte sich in ein großes Lazarett. Ärzte und Sanitäter versorgten die „Verletzten“, die Knochenbrüche, Brandwunden und den Verlust von Armen und Beinen beklagten. Manch einer machte sich einen Spaß daraus, möglichst „lebensecht“ zu jammern und zu schreien.

Auch die Feuerwehr trug ihren Teil zur Rettung bei. Mit ihrer Drehleiter barg sie einige Verletzte aus dem 4. Obergeschoß der Sparkasse.

Mehr als 500 Zuschauer verfolgen interessiert das Geschehen und sparten auch nicht mit Kommentaren. Einigen von ihnen wurde beim Anblick der fast echt geschminkten „Verletzungen“ so übel, dass ein Arzt sie behandeln musste.

Gegen 18 Uhr waren alle „Verletzten“ und „Toten“ geborgen. Akteure und Zuschauer waren überzeugt, einen lehrreichen Nachmittag erlebt zu haben. Aber keiner wünschte sich das Gesehene in Wirklichkeit.

Quelle: Egon Heist

1995

Der Ortsverband wird umstrukturiert

Die Umstrukturierungen innerhalb des Technischen Hilfswerkes wirken sich auch den Ortsverband Castrop-Rauxel aus. Der Ortsverband besteht im nunmehr aus einem Technischen Zug (TZ) mit zwei Bergungsgruppen und einer Fachgruppe Elektroversorgung (FGr E).